Liebe Gemeindemitglieder,
„die kürzeste Definition von Religion ist: Unterbrechung“, sagt der 2019
verstorbene Theologe Johann Baptist Metz. Die kommenden Kar- und
Ostertage beinhalten vielfältige Unterbrechungen und
Durchbrechungen:
Zunächst, ganz praktisch, die zwei gesetzlichen Feiertage, Karfreitag
und Ostermontag, die ein langes Wochenende ermöglichen und mit
dem Karfreitag einen besonders stillen Feiertag mit sich bringen, an
dem das öffentliche Leben wirklich ruht.
Während wir es gewohnt sind, in einem stetigen Strudel von
Geschäftigkeit, Mails, To-Do-Listen und Mental Load zu leben, kann
uns das lange Wochenende und insbesondere der Karfreitag einladen
zu erleben, dass es auch möglich ist, aus diesem Strudel auszusteigen.
(Fragen Sie sich beim Lesen, ob Ihnen das gelingen wird? Ich frage es
mich selbst auch, während ich das schreibe.)
Die Feiertage bringen zum Ausdruck, wie stark die Unterbrechung ist,
von der in den biblischen Geschichten dieser Tage erzählt wird: Die
Verurteilung und Kreuzigung Jesu scheint der Abbruch seines
öffentlichen Wirkens zu sein.
Die Jünger handeln in dieser Situation ganz anders, als sie es von sich
selbst gedacht hätten und erleben, wie ihr bisheriges Selbstbild
durchbrochen wird: Die Jünger, die in den Garten Gethsemane gehen,
um mit Jesus zu beten, schlafen ein. Petrus, der vorher gesagt hat, er
werde mit Jesus sterben, streitet ab, ihn zu kennen. Judas liefert Jesus
an die Soldaten aus – bei ihm hat sich etwas verändert gegenüber der
Zeit, als er Jesus begeistert nachfolgte.
Der Karsamstag, der Tag der Grabesruhe, unterbricht die Dramatik des
Geschehens. Es ist Sabbat, der jüdische Ruhetag. Zwischen der Trauer
über den Tod und der Freude über die Auferstehung liegt eine Zeit der
Ruhe.
Am Ostertag dann durchbricht Jesus den Tod – er lebt!
Der Tod hat nicht das letzte Wort über unser Leben – wo sich diese
Botschaft verbreitet, wo diese Osterfreude im eigenen Leben spürbar
wird, da kann etwas aufbrechen. Da können unsere Zukunftsängste
durchbrochen werden, da können wir neue Kraft gewinnen, um im
Strudel des Alltags nicht unterzugehen. Da können wir hoffen, für
unsere Verstorbenen und für uns, dass wir uns wiedersehen werden.
Jedes Jahr wieder und doch immer neu durchleben wir in diesen Tagen
die Dynamik von Tod und Auferstehung, von Trauer, Ruhe und Jubel,
von Schuld und Vergebung, von Gottes Handeln und menschlichem
Handeln.
Auf welche Situation in Ihrem Leben trifft das Osterfest dieses Jahr?
Unterbricht es etwas bei Ihnen oder bricht etwas für Sie auf, was bisher
verschlossen war?
Eine gesegnete Karwoche und ein frohes Osterfest wünscht Ihnen,
im Namen des ganzen Pastoralteams,
Maria Schwarz, Pastoralreferentin