3. Sonntag der Osterzeit

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Aktuelle Informationen aus dem Seelsorgebereich Deutz/Poll

3. Sonntag der Osterzeit
22./23.04.2023
1. Les: Apg 2,14.22b-33
2. Les: 1. Petr 1,17-21
Ev: Joh 21,1-14

Der Hirte muss dort sein, wo das Leid ist.

Vom 20. März bis zum 3. April war ich mit den Studentinnen des theologischen Seminars von Osnabrück und mit drei weiteren Theologen/innen in den Ländern El Salvador und Guatemala. Wir waren auf den Spuren der Märtyrer beider Länder und sprachen mit deren Zeitzeugen. Wir besuchten Basisgemeinden und kamen ins Gespräch mit Theologen der Befreiungstheologie; u.a. mit Jon Sobrino und mit Kardinal Gregorio Rosa Chávez, die beide in San Salvador leben.

El Salvador wird momentan von dem demokratisch gewählten Präsidenten Nayib Armando Bukele Ortez regiert. Er hat das Land in einen Ausnahmezustand versetzen lassen, 30.000 Kriminelle ins Gefängnis verbracht und die Polizeipräsenz im Land überall spürbar erhöht. Die Versammlungsfreiheit ist eingeschränkt und in deren Folge wurde unsere Gruppe von zwei Polizistinnen observiert und gefilmt als wir das Denkmal der Vermissten und Ermordeten der Diktatur mit ihren 100tausenden Namen besucht haben.

Die Inhaftierten – viele von ihnen sind unschuldig – haben weder Zugang zu einem Rechtsanwalt, zu ihrer Familie noch zu Vertretern der Kirche. 

In seiner Predigt zum Palmsonntag sagte Kardinal Chávez: „Zum Beispiel besucht uns eine Gruppe deutscher Studenten, um eine Woche bei uns zu verbringen. Sie wollen nicht nur schöne Dinge genießen, die El Salvador zu bieten hat, sondern sie kommen auch mit dem Schmerz der leidenden Menschen in Berührung. Sie alle sind Theologiestudenten in Deutschland. Sie gehen den Weg der Bitterkeit unseres Volkes. Das ist der Weg, den wir heute Nachmittag auf dem stellvertretenden Kreuzweg gehen.“

Am 24. März besuchten wir die Messe in der Kirche, auf deren Altarstufen Mons. Oscar Romero vor genau 43 Jahren erschossen wurde, als er gerade während der Wandlung den Kelch mit Wein erhob. So mischte sich sein Blut mit dem Blut Christi am Altare dieser Kirche. In der Kirche waren viele indigene Katholiken, denen er zu seinen Lebzeiten eine Stimme gegeben hatte.

Dort kam ich ins Gespräch mit einer alten Dame, die das Massaker vor der Kathedrale von San Salvador überlebt hatte. Weitere Gespräche folgten mit Professoren der dortigen Universität, mit Kardinal Chávez und mit dem Jesuiten und Befreiungstheologen Jon Sobrino, der in Frankfurt studiert hat und sich mit unserer Gruppe auf Deutsch über die Befreiungstheologie unterhielt.

Unter dem Pontifikat von Papst Franziskus wurde Mons. Romero heiliggesprochen. Seine ursprüngliche ganz einfache Grabstelle in der Krypta der Bischofskirche, die damals eine Abstellkammer war, wurde aufwändig gefliest und sein Grab ziert heute eine bombastische Bronzeplatte. Während wir der Vertreterin der Frauengebetsgruppe zuhörten, die ihn dort seit seiner Ermordung gegen den Widerstand der Amtskirche verehrt hat, kamen viele einfach gekleidete Beter an sein Grab, wo sie in Stille verblieben. Heute tragen sie ihr Leid zu dem Hirten, der mit ihrem Schmerz und Leid immer solidarisch war.

Diakon Hans Gerd Grevelding