Liebe Gemeindemitglieder,
in diesen Tagen, in denen wir von vielen beunruhigenden Dingen hören; davon, dass harte Rhetorik und der Wunsch nach Abschottung zu politischem Erfolg führt; davon, dass die Auswirkungen des Klimawandels in Form von Überschwemmungen viele Menschen auf schreckliche Weise betreffen und wo wir von bisher unbekannten Formen der Kriegsführung erfahren, fragen wir uns vielleicht mal wieder, woher wir Hoffnung bekommen können und welche Rolle der Glaube dabei spielen kann.
Vor einiger Zeit las ich einen Text des Journalisten Matthias Drobinski, den ich gerne mit Ihnen teilen möchte:
"Hilft in unsicheren Zeiten ein Versicherungsglaube - oder muss gerade dann ein christlicher Glaube sich aufs Verunsichernde einlassen, dem schwankenden Boden anvertrauen, im Vertrauen, dass er trägt?
Der Versicherungsglaube, der in diesen Zeiten ja mächtig ist, scheint naheliegend und realistisch zu sein: Sichere das Eigene, schotte dich ab, bereite den Krieg vor, wenn du Frieden willst.
Die Religion dient dann der Nation, weil sie die Leute zusammenhält, die Bereitschaft stärkt, gegen die Bedrohung von außen zu kämpfen.
Der Verunsicherungsglaube erscheint dagegen weltfern und naiv. Denn was hilft die Nächstenliebe, wenn der Nächste einen hasst, [was hilft] die globale Solidarität, wenn der andere mit aller Gewalt an der Entsolidarisierung der Welt arbeitet, [was hilft] das Friedensgebet, wenn das Lied vom Krieg ertönt? Das klingt hilflos - aber ist der Versicherungsglaube nicht spätestens in dem Moment noch viel hilfloser, wo er gestehen muss, dass er gar nicht garantieren kann, was er verspricht? Ist er nicht von jener Stunde an unglaubwürdig, in der er zugeben muss, dass auch er die Gegenwart nicht festzurren kann, dass die Bewegungslosigkeit, die er verspricht, eine gefährliche Illusion ist?
Es stimmt: Mit Kerzen und Gebeten lässt sich Terrorismus nicht beseitigen, und Predigten über Nächstenliebe beeindrucken Despoten aller Couleur nur selten so, dass sie von ihrem Tun lassen. Es stimmt aber auch andersherum: Maschinenpistole und ein mächtiger Sicherheitsapparat können keine friedliche und menschliche Gesellschaft schaffen.
Dafür braucht es die Kraft der Verunsicherung, die nach dem lebenswerten Leben sucht, mutig, unverdrossen und im Vertrauen darauf, dass die Suche nicht vergebens ist."
Mit diesen Worten von Matthias Drobinski wünsche ich Ihnen Zuversicht und Vertrauen für die vor uns liegende Woche!
Maria Schwarz, Pastoralreferentin