14. Sonntag im Jahreskreis

deutz-poll aktuell

Aktuelle Informationen aus dem Seelsorgebereich Deutz/Poll

14. Sonntag im Jahreskreis
05./06.07.2025
1. Les: Jes 66,10-14c
2. Les: Gal 6,14-18
Ev: Lk 10,1-12.17-20

Liebe Gemeindemitglieder,

in der Lesung des heutigen Sonntags übermittelt der Prophet Jesaja dem Volk Israel Gottes Worte des Trostes und des Friedens. Sie können sie nachlesen unter Jes 66,10-14c. Dabei spricht Gott in einem weniger geläufigen Bild von sich: „Wie einen Mann, den seine Mutter tröstet, so tröste ich euch.“ Sprachlich etwas einfacher übersetzt die Gute-Nachricht-Bibel: „Ich werde euch trösten, wie eine Mutter tröstet.“

In den letzten Jahrzehnten hat sich der Gedanke, dass Gott Vater und Mutter ist, dass er weibliche und männliche Anteile in sich vereint oder auch, dass er sowieso so groß ist, dass er diese menschlichen Kategorien sprengt, immer mehr im Gottesbild der Menschen verankert. Die Lesung aus dem alttestamentlichen Buch Jesaja zeigt uns, dass sich dieses Gottesbild schon aus ganz alten biblischen Bildern speist: Vor 2700 Jahren wurde dieser Text verfasst.

In der Schöpfungsgeschichte ist die Rede von ruach, dem Geist Gottes, der über den Wassern schwebt. Das hebräische Wort ruach ist grammatisch weiblich – im Deutschen würde man also sagen „die Ruach“. Im Hebräischen wird, mehr als im Deutschen, sprachlichen Feinheiten große Bedeutung zugeschrieben. Aus unserer Sicht, die wir in unserer Weltwahrnehmung meistens von einer indo-germanischen Sprache – Deutsch – geprägt sind, ist es nicht leicht, wirklich zu verstehen, wie in einer semitischen Sprache – Hebräisch – Änderungen in Buchstaben oder Grammatik Bedeutungsträger sein können. Ein einzelner Buchstabe, „das kleinste Jota“, kann eine große Bedeutungsveränderung nicht nur für ein Wort, sondern auch für die Interpretation eines ganzen Textes bedeuten. Insofern kann man davon ausgehen, dass es kein Zufall ist, wenn die Autoren der Schöpfungsgeschichte ein weibliches Wort wählen, um den Beginn von Gottes Wirken in der Welt zu beschreiben.

Gottes Kraft und Gottes Wirksamkeit in der Welt werden Christinnen und Christen später als eine der göttlichen Personen, den Heiligen Geist, identifizieren. Dieser wird in den letzten Jahren immer öfter auch als „die Heilige Geistkraft“ bezeichnet – eine Übersetzung, die in der Tradition des weiblichen Wortes „ruach“ steht. In Urschalling in Bayern findet sich ein Wandfresko aus dem 14. Jahrhundert, in dem die Dreifaltigkeit dargestellt wird, wobei der Heilige Geist als Frau zu erkennen ist.

In der Bibel in gerechter Sprache werden über jeder Seite verschiedene Gottesnamen angeboten, die die Lesenden in den Text einfügen können, wenn das hebräische Wort JHWH im Urtext steht. Diese Namen sind z.B. die Heilige, GOTT, der Lebendige, Ich-bin-da, der Name, die Ewige, der Eine, die Lebendige, der Ewige, die Eine, der Heilige, Adonaj. Vielleicht möchten Sie es einmal probieren, in einen bekannten Bibeltext einen dieser Namen durchgängig einzufügen und den Text so auf neue Weise zu lesen.

Halten wir uns offen für die Vielfalt von Gottes Wesen und Gottes Erscheinungsformen in unserem Leben und halten wir uns offen für die Vielfalt unserer eigenen Persönlichkeit! Dass wir mit allen „männlichen“ und „weiblichen“ Anteilen in uns, mit Körper, Geist und Seele, mit unseren Stärken und Schwächen unser eigenes Geschaffensein leben können und Gott dafür loben können, wer er ist und wie er uns geschaffen hat!

Maria Schwarz, Pastoralreferentin