25. Sonntag im Jahreskreis

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Aktuelle Informationen aus dem Seelsorgebereich Deutz/Poll

25. Sonntag im Jahreskreis
23./24.09.2023
1. Les: Jes 55,6-9
2. Les: Phil 1,20ad – 24.27a
Ev: Mt 20,1-16

Ist die Kirche noch zu retten?

Der zweieinhalb Jahrtausende alte Text der ersten Lesung dieses Sonntags (Jes. 55,6-9) mit seiner Botschaft: „Suchet Gott, so lang er sich finden lässt!“ klingt zunächst wie eine hausbackene Weisheit. Der Prophet spricht aber in eine Situation, die der unseren in gewisser Weise ähnelt.

            Ähnlich wie bei uns die Frage „Ist die Kirche noch zu retten?“ stand zur Zeit des zweiten Jesaja die Zukunft Israels im Raum: Der Staat Juda war ausgelöscht, Jerusalem zerstört, seine Bewohner in der Verbannung unter fremde Völker zerstreut. Diese feierten ihre Religionen in beeindruckenden Festen im Jahreslauf. Die verbannten Israeliten konnten sich als Fremde gewissermaßen nur privat an bestimmten Treffpunkten (Synagogen) in versprengten Gruppen zusammentun und erinnernd mit Bruchstücken ihrer zertrümmerten heimischen Kultur ihren Glauben lebendig halten. Und nach 40 Jahren starben die Zeitzeugen, die Jerusalem noch erlebt hatten, langsam aus. Die junge Generation hatte keine selbst erlebte Erinnerungen an Jerusalem mehr. Die Fremde, in der sie aufgewachsen waren, war ihnen stattdessen vertraut.

Da ist bei uns z.B. die Erstkommunionvorbereitung oder der schulische Religionsunterricht, letzterer als einziges Schulfach vom Grundgesetz gesichert. Aber die meisten jungen Eltern praktizieren ihren Glauben nur selten oder gar nicht mehr. Entsprechend sitzen immer mehr Kinder ohne religiöses Vorwissen in der Klasse und in den Kommuniongruppen. Und immer wieder kommt die Frage auf: Braucht man Religion in der Schule noch? Religion ist doch Privatsache! Die Religionspädagogen und Katechet*Innen tun ihr Bestes und haben Konzepte und Materialien für einen ansprechenden Unterricht entwickelt. Sie suchen mit ihren Schülern mitten im Leben nach Gott, solange er sich aus der Überlieferung noch finden lässt. Ungewissheit und Ratlosigkeit bleiben. Das wird in einer Zeitenwende, wie wir sie gerade erleben, besonders deutlich: der Krieg, der die Friedensordnung zertrümmert; der Klimawandel, der die Lebensgrundlage der Menschen einschränkt; die Durchmischung der Kulturen durch Migrationsströme; aber auch der Vertrauensverlust in der Kirche bringt viele Menschen in innere Not. In solche Krisenstimmung fällt das Prophetenwort: Suche zuerst zu klären, was dich im Innersten trägt, denn, um mit Pater Karl Rahner zu sprechen: Der Christ der Zukunft wird ein Mystiker sein oder er wird keiner sein.

Das Wort des Propheten in schwerer Zeit will aber Ermutigung sein. Werdet tätig, die neue Zeit zu gestalten. Wenn eure Pläne scheitern, bedeutet das noch nicht, dass die Welt aus den Fugen ist. Denn Gottes Pläne und Wege stehen himmelhoch über unserem Planen und Tun.

Pfarrer Dr. Andreas Mersch